Relevante anatomische Grundlagen des Hundes

Jetzt haben wir beobachtet. Und nun? Noch genauer hinschauen!

Nachdem wir uns das Verhalten des Hundes angeschaut und ein paar Ideen hergeleitet haben, was Hunde brauchen und was sie demnach fressen sollten, lassen Sie uns noch ein wenig weiter in die Tiefe gehen. Dass Hunde zwar bestimmte Nahrungsmittel bevorzugen, aber bereit sind, wenn es die Situation erfordert, sehr viele unterschiedliche Rohstoffe aufzunehmen, wissen wir jetzt.

Aber können wir noch weitere Hinweise finden, wie eine optimale Hunde-Ration zusammengesetzt sein sollte?

Pflanzenfresser haben Gemeinsamkeiten, Fleischfresser auch

Als der Mensch irgendwann die Tiere um ihn herum genauer untersucht hat – ihren Körperbau, ihren anatomischen Aufbau und in der jüngeren Zeit aufgrund weiterentwickelter Untersuchungsmethoden auch ihre Stoffwechselgegebenheiten – sah der Mensch einige der zuvor gemachten Beobachtungen bestätigt: Tieren z. B., die viel pflanzliche Nahrung zu sich nahmen, wiesen sehr ausgeprägte und flach geformte Backenzähne auf.

Und zwar umso deutlicher, je mehr Pflanzen auf dem Speiseplan standen. Irgendwie musste das zusammenhängen. Und das tut es auch. Pflanzen bestehen zu großen Teilen aus Kohlenhydraten, wozu auch die meisten Fasern zählen. Um diese aufzuschlüsseln müssen sie mechanisch vorzerkleinert werden. Und das geht am besten durch ein Zermahlen – mit den Backenzähnen.


Je mehr Pflanzen zum Nahrungsspektrum eines Tiers gehören, desto ausgeprägter sind die horizontalen Reibeflächen und Einkerbungen der Backenzähne. Bei Rindern z. B. sind sie regelrecht eckig, mit deutlichen Kanten. Damit können Kohlenhydrate zerkleinert werden. Und ganz wichtig: Auch die seitliche Kieferbeweglichkeit muss groß sein, um die Backenzähnen dann auch tatsächlich benutzen und eine Mahlbewegung vollziehen zu können.

Von Rindern kennt jeder diese Seitwärtsbewegung des Unterkiefers. Aber auch bei sich selber kann man das testen: Den Unterkiefer kann man nach links und rechts bewegen, die Backenzähne sind flach und mit Furchen durchzogen.


Hunde haben im Gegensatz zu uns nur eine sehr eingeschränkte Beweglichkeit des Kiefergelenks zur Seite. Ein bisschen können sie es aber schon noch. Katzen – wieder die Katzen – haben mehr oder weniger nur noch ein Scharnier, mit dem sie den Kiefer auf und zu klappen können. Zugegeben, sehr akkurat, wenn sie einmal zugebissen haben, aber Kohlenhydrate kann man damit nicht wirklich zerkleinern.


Wir haben vorhin gehört, dass Tiere mit einem natürlicherweise höheren Pflanzenanteil in der Ration ausgeprägte Backenzähne haben. Wie schaut es damit aus bei unserem Hund? Die folgende Abbildung zeigt ein Hunde- und ein Katzengebiss im Vergleich.

Die blau markierten Zähne sind die eigentlichen, hinteren Backzähne, die sog. „Molaren“, die im Tierreich mit der Zerkleinerung pflanzlicher Nahrung in Verbindung gebracht werden. Beim Hund sind diese noch vorhanden, sehen aber bereits ganz anders aus als bei uns Menschen. Statt waagrechter Mahlflächen sind sie eher spitz. Die für Pflanzenfresser typischen Einziehungen im Schmelz sind aber noch ansatzweise vorhanden.

Ansonsten weißt das Gebiss die klassischen Merkmale eines Raubtiers auf: Große Fangzähne (Eckzähne) und stark funktional ausgebildete Reißzähne (der letzte vordere Backenzahn im Oberkiefer und der erste hintere Backenzahn im Unterkiefer), mit denen z. B. Knochen geknackt werden können. Nicht verwechseln mit den Fangzähnen!

Ein kurzer Blick zur Katze: Oh! Hintere Backenzähne sind quasi gar nicht mehr angelegt, die Prämolaren sehen dafür fast aus wie Dolche. Einkerbungen haben die Katzenzähne auch keine mehr. Dafür ist der Schädel gedrungen und hat so eine bessere Kraftübertragung ins Maul. Ein echtes Fleischfressergebiss eben.

Gebiss Hund © asmakar/adobe.stock
Gebiss Katze © asmakar/adobe.stock

Zunge Hund
Zunge Katze

© manfric/adobe.stock und Zanna_/adobe.stock


Wer Pflanzen verdauen will, braucht genug (Verdauungs-) Zeit

Geht man vom Maul tiefer in den Körper hinein, dann fällt noch eine weitere Sache auf, die mit der Menge tierischer und pflanzlicher Nahrung in der Ration korreliert: Je mehr Fleisch, desto kürzer ist i. d. R. der Darm, je mehr Pflanzenanteil, desto länger.

Und nicht nur die schiere Länge ist entscheidend. Die resorptive Oberfläche des Dünndarms, also des Teils, der verdaut, ist beim Hund größer als z. B. bei der Katze. Auch die Darmlänge – wen wundert es – ist im Verhältnis zur Körperlänge größer. Weitere Hinweise darauf, dass pflanzliche Nahrung ein immer wiederkehrender Bestandteil der Ernährung des Hundes ist.

Und da wir vorhin über den Jagderfolg der Rudeljäger gesprochen haben: Der Magen, die Speicherkammer für Futter, ist beim Hund relativ groß. Dies auch ein Hinweis darauf, dass Hunde nicht regelmäßig an ausreichend Nahrung kommen, sich aber, wenn es denn welche gibt, “auf Vorrat“ sattessen können.