Wer Haustierfütterung verstehen will, muss sich zuerst mit den Rohstoffen beschäftigen. Es gibt tierische Rohstoffe wie z. B. Fleisch, Fette, Knochenmehle und pflanzliche Rohstoffe wie z. B. Reis, Kartoffeln, Karotten oder auch verschiedene Kräuter. Dazu kommen noch einige Mineralien und synthetische Zusatzstoffe.
Wenn ich diese Rohstoffe nicht behandle, sondern einfach roh gebe, dann spricht man von „BARF“, also Rohfütterung (hier geht es v. a. um Fleisch). Barfen kann ich mit Fleisch, das ich mir direkt beim Metzger oder Schlachthof gekauft habe, oder ich bestelle es als Frostfutter im Handel. Erhitze ich diese Rohstoffe aber zu Hause und gare sie somit, dann zähle ich zu den „Selbstkochern“. „BARF“ und „Selbstkochen“ behandeln wir heute allerdings nicht, sondern in einem späteren Kapitel. Die meisten aber, nämlich fast 90 % der Hundehalter in Deutschland, füttern kommerzielles, gegartes Tierfutter, also solches, das man im Laden fertig zubereitet kaufen kann. Und genau darüber sprechen wir heute.
Wir haben in einer der letzten Lektionen schon gehört: der Proteinwert eines Futters kann gleich hoch sein (quantitativer Aspekt), aber die biologische Wertigkeit kann sich gravierend unterscheiden (qualitativer Aspekt), z. B. wenn viel Bindegewebe verarbeitet wurde. Die Auswahl der Rohstoffe, also aus welchen Zutaten das Futter hergestellt wurde (die „Zusammensetzung“ als Bestandteil der Deklaration), ist daher ein wichtiger Punkt. Dazu folgendes: Es gibt immer mal wieder Futterüberprüfungen, z. B. von Stiftung Warentest. Hier schneiden häufig Futter sehr gut ab, die es sehr günstig beim Discounter gibt. Andere, teurere Futter dagegen, kommen oft nicht so gut weg. Was hat es damit auf sich?
Ein kommerzielles Futter muss ‑ so wie jede andere Ration auch ‑ Ihren Hund natürlich ausreichend ernährend, d. h. es müssen in der täglichen Futtermenge alle Nährstoffe enthalten sein, die Ihr Hund am Tag braucht und so viel Energie liefern, wie er benötigt. Aber es gibt ein paar Dinge, die man bedenken sollte: Viele billige Discounterfutter sind aus Resten gemacht und aus Dingen, die irgendwo in der Verwertung von Tieren anfallen und für die es sonst keine Verwendung gibt. Blutbestandteile z. B. Klingt eklig? Vielleicht, ist aber nicht per se schlecht. Aber sicher von anderer Qualität als ein Stück Muskelfleisch.
Oftmals liefern diese Futter dann originär aus den Rohstoffen nur wenig Nährstoffe. Die fehlenden Nährstoffe setzt man dann künstlich und baukastenmäßig zu. Ähnlich wie bei Lego. Natürlich erreicht dieses Futter dann erstens: exakte Nährstoffgehalte. Und zwar zweitens: in jeder Dose oder jedem Sack gleich. Logisch, dass diese Futter dann sehr gut abschneiden, wenn man rein die Nährwerte beurteilt.
Andere Hersteller dagegen versuchen möglichst viele Nährstoffe aus den natürlichen Rohstoffen ins Futter zu packen und setzen nur das zu, was generell sehr starken Schwankungen in den Rohstoffen unterliegt, oder aber bei der Herstellung regelmäßig verloren geht. Der Teil der Nährstoffe, den der Hersteller aus den Rohstoffen bereitstellen will, variiert natürlich. Ein Apfel ist mal süßer, mal weniger süß, ein Fleisch mal mehr, mal weniger fettig.
Solche Futter, bei denen relevant mit den originären Nährstoffen der Zutaten kalkuliert wird, können in einem Test schon mal etwas zu viel oder zu wenig von einem bestimmten Vitamin oder Mineralstoff haben. Weiter unten erkläre ich, dass bestimmte Nährstoffe generell in sehr geringen Mengen vorkommen. Von diesen ist jetzt nicht die Rede, die muss man natürlich zusetzen ‑ und zwar in ausreichender Menge.
Aber dass Nährstoffe, die i. d. R. in hochwertigen Rohwaren ausreichend vorhanden sind, auch einmal etwas mehr oder weniger im Futter sind, das kann man im Hinblick auf eine wertige und „natürlichere“ Tiernahrung schon auch mal in Kauf nehmen. Oder was denken Sie dazu?
Die rohen Zutaten enthalten all das, was natürlicherweise in ihnen steckt: Vitamine, Proteine, Wasser und andere Nährstoffe. Natürlich nicht immer in gleicher Höhe. Wenn etwas „roh“ ist, dann ist es per Definition „naturbelassen“. Rohes Fleisch zählt z. B. dazu. Doch ist roh auch besser? Nein, in vielen Fällen verbessert das Garen die Eigenschaften der Rohstoffe und erhöht den Nutzen für den Hund. In wenigen Fällen aber hat das Garen auch Nachteile. Darauf wollen wir hier eingehen.
Wir wissen bereits aus den vorherigen Lektionen, dass die drei energiehaltigen Nährstoffe im Futter Proteine, Fette und Kohlenhydrate sind. Dann gibt es noch die Mineralstoffe und die Vitamine. Jetzt schauen wir uns an, was mit diesen Rohstoffen passiert, wenn wir sie erhitzen, also garen. Denn genau das passiert bei der Futterherstellung.
Gegarte Proteine: Verbesserung von Verdaulichkeit und Akzeptanz
Proteine werden durch Hitzeeinfluss in ihrer Struktur verändert. Das nennt man „Denaturierung“. Die Verdaulichkeit proteinhaltiger Rohstoffe wird durch den Garprozess verbessert, ebenso der Geschmack. Die Akzeptanz steigt also. Doch warum ist das so?
Muskelfleisch z. B. enthält nicht nur die eigentlichen Muskelfasern, sondern auch eine Menge Bindegewebe, wie z. B. Faszien und Fasern, die um die Muskelzellen herumliegen. Durch die Hitze beim Garen werden diese Strukturen aufgelockert und können dann auch besser Wasser einlagern. Genauso können die Verdauungssäfte im Magen und Darm dann besser ins Fleisch einwandern. Die Verdaulichkeit von gegartem Fleisch ist deswegen höher als von rohem.
Durch die Hitzeeinwirkung verbinden sich die „aufgebrochenen“ Proteine auch mit anderen Bestandteilen aus dem Fleisch oder aus der Futtermasse, z. B. Zuckerresten. Diesen Vorgang nennt man „Maillard-Reaktion“. Diese neuen Verbindungen sind schmackhaft und knusprig, so dass diese Rohstoffe lieber gefressen werden. Die Akzeptanz steigt!
Erhitzen von Proteinen:
Fette, das wissen wir noch aus den vorherigen Lektionen, sind Gemische aus verschiedenen Fettsäuren, die mit einem Zuckeralkohol verbunden sind: dem Glycerin. Diese Verbindungen sind eher schlicht und nicht so komplex verkettet wie Proteine oder auch Kohlenhydrate. Eine (moderate) Erhitzung verändert daher nicht maßgeblich die Struktur oder Eigenschaft der Fette, außer vielleicht, dass sie flüssiger werden.
Hochwertige Öle enthalten neben den Fettsäuren aber noch weitere wertvolle Inhaltsstoffe, z. B. fettlösliche Vitamine wie Vitamin E. Je länger die Öle erhitzt werden und je höher die Temperatur ist, desto mehr dieser zusätzlichen Stoffe gehen kaputt. Auch die freien Fettsäuren selbst können durch zu große oder zu lange Hitze zerstört werden.
Erhitzen von Fetten:
Auch Kohlenhydrate werden durch Garen besser verdaulich. Wer kennt das nicht: „Iss nicht den rohen Teig, der macht Bauchweh!“. Hier geht es vor allem um die Wasserbindung, die beim Garen erhöht wird. Die Struktur wird aufgelockert und die Enzyme können besser angreifen. Sind Kohlenhydrate dagegen fester verkettet, wie beispielsweise bei Vollkornprodukten, dann „liegen“ sie länger im Magen und der Körper braucht mehr Zeit, um diese aufzuschlüsseln.
Was bei bestimmten Krankheiten (z. B. Diabetes mellitus, Adipositas) gewünscht ist, heißt aber nichts anderes als: geringere Verdaulichkeit. Kohlenhydrate sollten für Hunde daher schon ordentlich gegart sein, v. a. weil wir wissen: Der Darm des Hundes ist nicht so lang und Kohlenhydrate brauchen ihre Zeit, um verdaut zu werden.
Erhitzen von Kohlenhydraten:
Mineralstoffe sind kleine Teilchen ohne Raumstruktur. Hitze kann daher nichts beeinflussen, weder positiv noch negativ. Hitze hat keinen Einfluss auf Mineralstoffe. Wenn einem Futter Mineralstoffe zugesetzt werden, dann deshalb, weil sie nicht ausreichend oder nur in sehr schwankenden Gehalten in den Rohstoffe vorhanden sind und nicht, um herstellungsbedingte Verluste auszugleichen.
Erhitzen von Mineralstoffen:
Einige Vitamine sind hitzelabil, d. h. sie können durch Hitze deaktiviert oder zerstört werden. Hierzu zählen insbesondere Vitamin B, E, A und C (wobei Vitamin C beim Hund kein eigentliches Vitamin darstellt, das wissen wir bereits). Wird Futter zubereitet, dann gehen Vitamine verloren. So lange sie noch in den Rohstoffen „gebunden“ sind, halten sie etwas mehr aus. Aber Wasser (wasserlösliche Vitamine) oder Fett (fettlösliche Vitamine) „wäscht“ die Vitamine heraus, sodass die Hitze sie dann angreift und deaktiviert. Und hier ist es egal, wie hochwertig der Rohstoff ist. Auch eine Bio-Karotte verliert beim Kochen Vitamine.
Erhitzen von Vitaminen: